Absolventen
Zwischen Haggis, Grundstücksrecht und der spontansten Entscheidung meines Lebens
Als ich während der Corona-Pandemie im Jahr 2020 mein Abitur geschrieben habe, konnte ich mir ehrlich gesagt kaum eine Zukunft nach meinen Prüfungen vorstellen. Meine Pläne, in Südamerika einen Freiwilligendienst zu machen, wurden immer wieder nach hinten verschoben, und am Ende abgesagt, weswegen ich sehr spontan nach Alternativen gesucht hatte. Im Sommer startete ich einen Nebenjob in einem Notariat und konnte dort viele Erfahrungen im Rechtswesen sammeln, womit ich sonst wohl kaum in Berührung gekommen wäre. Zwischen Grundstücksrecht und Eheverträgen konnte ich zwar bald unterscheiden, jedoch war der Grund für mein „Gap Year“ eigentlich, dass ich mich sozial engagieren wollte. Ich suchte also in Leipzig nach ehrenamtlichen Aktivitäten und begann, zweimal in der Woche bei der Leipziger Tafel auszuhelfen. Die Tafel besitzt mehrere Ausgabestellen in Leipzig und erhält ungewollte Lebensmittel und Drogerieprodukte, die dann weiter an Bedürftige ausgegeben werden. Einerseits leistet die Tafel so einen Beitrag zum Umweltschutz, stellt aber gleichzeitig oft auch die Grundabsicherung für bedürftige oder marginalisierte Personen dar. Es kommen viele unterschiedliche Menschen zur Tafel, Studenten, Geflüchtete oder Menschen, die durch eine Krankheit/Behinderung keine Möglichkeit haben, einen Beruf auszuführen. Aus dieser Gegebenheit heraus wurde ich immer wieder mit meinen Privilegien konfrontiert, dass sich meine Familie alle Lebensmittel, die wir benötigen, leisten kann.
Ende Dezember 2020 hatte mich das Fernweh dann doch gepackt, und ich bin sehr spontan zwischen Lockdowns und Einreiseverboten nach Schottland gezogen. Dort leistete ich für sechs Monate einen Freiwilligendienst in „L’Arche Edinburgh“. In L‘Arche leben Menschen mit und ohne Behinderungen gemeinsam und der Fokus liegt besonders darauf, dass die „Core Member“ (Menschen mit Behinderungen) nicht nur von Freiwilligen und Assistenten unterstützt werden, sondern sie das Herzstück dieser Gemeinschaft bilden. Mit den Core Membern habe ich inzwischen sehr enge Verbindungen und oft gehen wir beispielsweise an den Strand oder in ein Café. Nach meinen 6 Monaten als Freiwillige bot mir meine Einsatzstelle einen bezahlten Job an. Ich konnte so in eine eigene Wohnung ziehen, bis ich dann im September 2021 anfing, Geschichte und Politikwissenschaften and der University of Edinburgh zu studieren. Anfangs war es definitiv eine Herausforderung, auf Englisch zu studieren. Doch dadurch, dass meine Fakultäten sehr international ausgerichtet sind, hatte ich viel Unterstützung von meinen Dozenten und Tutoren. Inzwischen habe ich mein viertes Semester abgeschlossen und bin mit meinem Studium sehr zufrieden, besonders weil ich hier sehr viele Möglichkeiten habe, die unterschiedlichsten Fächer zu belegen. Ich konzentriere mich zurzeit auf die Kolonialgeschichte des British Empires, aber auch anderen europäischen Mächten, und die heutigen politischen Folgen. Außerhalb meines Studiums wollte ich mich aber auch weiterhin sozial engagieren. Derzeit arbeite ich immer noch bei L’Arche Edinburgh und setze mich für LGBTQ+ Rechte ein, zum Beispiel an der Universität, aber auch bei Amnesty International, wo ich derzeit im nationalen Studentenkomitee tätig bin.
Meine Zeit nach dem Abitur war also nicht unbedingt eine gerade Linie in Richtung Studium und Job. Aber ich habe in Edinburgh und Schottland ein zweites Zuhause gefunden und ich fühle mich hier sehr wohl! Ich kann allen empfehlen, die vielleicht noch nicht wissen, was sie nach dem Abitur machen, einfach mal verschiedene Dinge auszuprobieren. Eine Auslandserfahrung, soziales Engagement, vielleicht ein Teilzeitjob. Ihr werdet definitiv etwas finden, was euch Spaß macht und was euch bewegt!
Grüße aus Schottland!
Anne Scholz
Liebe Schule, liebe LehrerInnen, liebe SchülerInnen,
wir senden hiermit liebe Grüße aus dem nicht allzu fernen, aber sehr kühlen und windigen Island. Wie so viele andere hat es uns nach dem Abi auch erst mal ins Ausland gezogen. Weg von der Schule, weg vom Lernen und raus aus dem Alltag. Unser Traum war es schon immer Island zu bereisen. Also begann unser kleines Abenteuer. Wir kamen im Januar hier her und hatten uns schnell an Wind und Kälte gewöhnt.
Marius wohnt bei einer isländischen Familie in Selfoss, die ihn herzlich bei sich zu Hause aufgenommen hat. Er arbeitet in einem hübschen kleinen Restaurant in der Nähe. Dort gibt es Burger und Pizza und die besten Torten, ich würde sagen, in ganz Island. In einem tollen Team, das vorrangig aus Kroaten besteht, fühlt er sich sehr wohl mit seiner Arbeit als Koch.
Ich wohne nicht weit entfernt in Hveragerdi auf einer Pferdefarm. Ich arbeite hier als Guide für Reittouren mit den berühmten Islandpferden. Ich gehe auf Touren von 1-3 Stunden, Tagestouren und jetzt kommen auch noch Longtouren hinzu, wo wir 4 bis 7 Tage mit Gästen und Pferden unterwegs sind. Es macht unglaublich viel Spaß. Man muss sich jeden Tag neuen Herausforderungen und Situationen stellen. Das Team im Stall ist fast wie eine Familie für mich geworden. Ich wohne in einem kleinen Cottage mit 4 Mädels zusammen, die aus verschiedenen Ländern kommen und alle ungefähr in meinem Alter sind.
Wir sind beide sehr glücklich hier mit dem was wir tun. Für mich ist es ein wahrer Traumjob den ganzen Tag im Sattel zu sitzen und mit Leuten die schöne Landschaft zu erkunden.
In unserer Freizeit gehen wir zum Beispiel oft ins Schwimmbad. In Island gibt es keine Hallenbäder, sondern nur kleinere Becken mit 37-40°C im Freien, in denen man sitzen und entspannen kann. Auch im Regen und bei Schnee.
Es gibt so vieles zu entdecken. Die ganzen Naturwunder, die Island zu bieten hat. Darunter heiße Quellen, Vulkane und Wasserfälle. Alles was wir in den letzten Monaten nicht geschafft haben uns anzuschauen, planen wir für den Schluss. Dann wollen wir mit einem Auto eine Runde um die Insel fahren und auch den Osten, Norden und Westen von Island erkunden. Nach 5 ½ Monaten Arbeit haben wir uns das aber auch wirklich verdient.
Wir können sagen, dass so ein Auslandsjahr eine echt tolle Erfahrung ist. Egal welches Land man sich aussucht. Man lernt neue Leute kennen, eine andere Kultur, eine neue Sprache (bzw. verbessert seine Englischkenntnisse) und auch sehr eigenständig zu leben. Man hat einen Einblick auf das Leben ohne Mama und Papa, in einer ganz neuen Umgebung, in der man sich erst einmal zurechtfinden muss.
Also eine Empfehlung für alle, die noch nicht 100 %ig wissen, wie es nach der Schule weitergehen soll.
Herzliche Grüße
Lina Heisgen und Marius Leinemann